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{Info on A-Infos}
(de) RBH-Online
From
Anarchistische Buchhandlung <rbh@inode.at>
Date
Tue, 5 May 98 17:21:30 +0100
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A - I N F O S N E W S S E R V I C E
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RBH-Online
Revolutionsbräuhof (RBH) ‹ Postfach 142, A-1181 Wien
Tel.: (+43 1) 310 76 93, 319 52 22 € E-Mail: rbh@inode.at € http://www.inode.at/rbh
Treffen: Jeden Di, 20.00 Uhr. Anarchistische Buchhandlung; Hahng. 15, A-1090 Wien.
Kultur zwischendurch 91
Nein zum patriotischen Wahn - nein zum NATO-Beitritt!
Wir sind dagegen: Gegen Militaer und Krieg! Gegen Zucht und Ordnung,
Gehorchen und Unterordnen! Wir sind dagegen: Gegen das sinnlose Schleifen,
Herumexerzieren, gegen den Macho- und Maennlichkeitswahn beim Militaer.
Wir sind dagegen: Dass Menschen dort gebrochen, zu stupiden
Befehlsempfaengern dressiert werden sollen! Dass Leben vergeudet werden:
Mit Toetenlernen. Wir fragen uns: Wofuer das alles? Um »unsere« Heimat zu
verteidigen? »Unser« Land? Steht das dafuer? Oder verteidigen wir dabei
nicht Herrschaft, Ausbeutung und Unterdrueckung, die ganze sinnlose
Schinderei gleich mit? Beschuetzen wir damit nicht gleichzeitig unseren Chef,
unsere Vorgesetzten, den Politiker im Amt - also alle die, die das Leben so
unertraeglich machen? Verteidigen wir damit nicht diese Lebensart, die
»freie« Marktwirtschaft? Die Freiheit, als Obdachloser zu erfrieren, im
achtreichsten Land der Welt?
Nein, wir sind dagegen! Und wir meinen: Schlimmer geht immer, ein NATO-
Beitritt ist nicht egal! NATO-Beitritt heisst: Noch mehr Sozialabbau auf
Kosten der Aermsten in diesem Land. NATO-Beitritt heisst: Drastische
Erhoehung der Ruestungsausgaben! Schlussendlich heisst NATO-Beitritt:
Kriegseinsatz, nicht »mehr Sicherheit«! Denn wer sollte »uns« eigentlich
angreifen, wenn »wir« kein NATO-Mitglied sind? Sehr wohl aber fast alle
»unsere« Nachbarn. Die Schweiz? Captain Liechtenstein? Die NATO am Ende
gar? Nichts von alledem: Es geht um den Machtrausch und die Hybris der
Herrschenden. Die dabeisein wollen. Mitspielen beim grossen Spiel. Um
Ansehen, Macht und Einfluss. Und fette Beute. Mit uns als Kanonenfutter. Auf
unsere Kosten.
Und deshalb: Nein zum Nato-Beitritt!
Der Geschaeftssinn
Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks ist die privilegierte Situation
Oesterreichs zwischen den Bloecken obsolet geworden. Die »guten«
Geschaefte, die in der Grauzone zwischen den Fronten moeglich waren, gingen
an die potentere Konkurrenz, vor allem aus Deutschland, verloren. Die
grossen und kleinen Schiebereien um das Technologie-Embargo der USA
herum, die »guenstigen« Rohstoffe, vor allem der UdSSR, gegen dringend
benoetigte Devisen et cetera.
Die Oesterreich »aufgezwungene« Neutralitaet wurde so zu einer aeusserst
lukrativen Geschaeftsgrundlage. Denn waehrenddessen sich Oesterreich nie
wirklich neutral verhalten hatte, sondern immer ideologisch und militaerisch
sich auf die Seite des Westens geschlagen hat, ermoeglichte diese Neutralitaet,
sich weitgehend bei den »unangenehmen« Dingen des Ost-West Konflikts
raushalten zu koennen und gleichzeitig die internationale Profilierung als
»Vermittler« voran zu treiben.
Nun, hiermit ist jetzt Schluss. Die Geschaefte werden gleich mit den »Grossen«
gemacht. Und es gibt einen grossen Kuchen neu aufzuteilen. Der gesamte
Machtbereich des »real-existierenden Sozialismus«, egal ob in Europa oder den
Verbuendeten in der Dritten Welt, liegt nun auf den Serviertablett. Der
Kapitalismus braucht nur zu zugreifen. Und das tut er auch kraeftig - egal, ob
er sich destruktiv die funktionierende Industrie des Ostens einverleibt, oder die
neuen Maerkte mit Ramsch ueberflutet.
»Wir« mischen wieder mit
Und mit diesen neuen Moeglichkeiten der Profitrekurrierung kommt auch die
»gute, alte« Option des Krieges zu neuen Ehren. Denn dieser war und ist eine
effektive Methode, sich Einfluss zu sichern - auch fuer Oesterreich! »Das ist
weit hergeholt?« Mitnichten! Der jugoslawische Buergerkrieg hat gezeigt, wie
Oesterreich seine Interessen in der Region vertritt, indem es Slowenien und
vor allem Kroatien in den Krieg getrieben hat und auch Unterstuetzung aller
Art zur Verfuegung stellt. Wer besitzt den nun die vielen »warm enteigneten«
Haeuser und Hotels an der Adria-Kueste? Der Weg ist frei fuer die
imperialistische Neu-aufteilung der Welt.
Oesterreich will sich dran beteiligen - auch einen »Platz an der Sonne« - und
draengt daher seit 1989 exzessiv auf Mitgliedschaft und Teilhabe am Macht-
und Ausbeutungssystem. Der erste Schritt war die EU-Mitgliedschaft. Und
»sie« haben nie ein Hehl daraus gemacht, dass als naechstes WEU und NATO
folgen werden. Auch wenn dies der hiesigen Bevoelkerung gar nicht passt. Bei
der EU hat man die Leute auch rum gekriegt, beim EURO funktioniert¹s
momentan ganz gut, also wird man ihnen auch noch die NATO einreden
koennen. Und »sie« haben sich das schoen aufgeteilt: waehrend die einen
vorpreschen, mahnen die anderen zur »Besinnung« - und raus kommen wird
das Selbe.
Der Drang nach »Sicherheitspolitik«
Das Trommelfeuer der Propaganda fuer einen NATO-Beitritt donnert schon
lange am politischen Horizont. Die Befuerworter gibt es ja schon seit der
Gruendung der NATO - ums der »Roten Brut« ordentlich zu zeigen, die
Schlappe von Stalingrad wieder auszubuegeln. Fuer die Rechte war
Neutralitaet schon immer so etwas wie »Feigheit vor dem Feinde«, der Verlust
von Ruhm und Glorie. Nur, ob¹s den Kriegshelden von einst und in spe ins
Konzept passte oder nicht: Auf Grund ihrer militaerischen Staerke hatte da
auch die Sowjetunion ein Woertchen mitzureden. Nun, damit ist ja jetzt
Schluss.
Und weil, auch, wenn der Feind bereits zertruemmert am Boden liegt,
nochmals dagegen getreten werden muss, und weil¹s um das Prinzip geht, wird
»jetzt erst recht« der NATO-Beitritt propagiert. Und dem kann sich das ganze
Land nicht entziehen. Die Diskussion ist schon erzwungen, der Beitritt soll es
werden.
Und egal ob Journaille oder »law and order«-Protagonisten, beide versuchen
sich mit dem Schlagwort der »Sicherheit« zu profilieren. Sie sprechen damit
allgemeine Befuerchtungen der Leute an, deren Leben im Kapitalismus keine
Sicherheit kennen kann. Die existentiellen Bedrohungen, die das Leben als
Proletarier bestimmen, werden auf die »Anderen« gelenkt: Russen-Mafia,
Auslaender im Allgemeinen, Karadzic und Saddam, die Jugend und der
Werteverfall, ...
Da hilft auch gar nichts, dass es in Wirklichkeit diese Bedrohungen so gar
nicht gibt. Die Aussenpolitik macht da keine Ausnahme. Und so haben wir jetzt
die Scheisse.
Mit dem Optionen-Bericht wurde es ja nichts, da die NATO-Befuerworter nur
ein Ziel kennen. So richtige Gegner gibt es nicht. Nur »Besonnene«, die vor zu
grosser Eile warnen. Viel anderes faellt ihnen ja auch nicht ein - weil es der
Zeitgeist so nicht »zulaesst« - obwohl es der Moeglichkeiten genug gibt.
Wenn¹s unbedingt die militaerische Option sein soll, muss eben ein neuer Feind
gesucht werden, neue militaerische Aufgaben aus dem Hut gezaubert werden,
weil den Leuten die Sache mit dem Militaer im allgemeinen, auch wenn sie
sonst jegliche Scheisse mitmachen, nicht so leicht einzureden ist.
Um die Gelueste weltweit mitmischen zu duerfen - internationale
Friedenssicherung genannt , verwirklichen zu koennen, wird mit Aengsten
der Bevoelkerung - Atomkraft und Xenophobie spekuliert.
Wir suchen einen Feind
»Es ist unsere tiefste Ueberzeugung, dass das vereinte Europa lernen muss,
Stabilitaet zu exportieren, anderenfalls laufen wir Gefahr, Instabilitaet zu
importieren.« (Wolfgang Schuessel, Rede vor dem Generalstab der NATO,
Mons, 24. April 1997)
Was soll das nun heissen? Das ist doch eine eindeutige Aufforderung, ueberall
dort, wo des Aussenministers Vorstellungen von Stabilitaet nicht herrscht,
diese »herzustellen«. Wie das gehen soll, wenn die »Blosshapperten« par-tout
keine Lust auf die Wolfi-Stabilitaet haben, weiss der då auch:
»... Europa muss eigene Kapazitaeten auf dem Gebiet des Krisenmangegments
entwickeln - in einer ganz substantiellen Weise. Wir koennen nicht auf unsere
amerikanischen Freunde und Partner zaehlen und darauf vertrauen, dass sie
uns jedesmal, wenn wir Probleme haben, ðaus der Patsche helfenŒ.« (Wolfgang
Schuessel, Rede vor dem Generalstab der NATO, Mons, 24. April 1997)
Bevor es so richtig los gehen kann, mit dem zukuenftigen europaeischen
Exportschlager »Stabilitaet«, braucht¹s das richtige Werkzeug dafuer. Denn
auch Schuessel weiss, dass es seine »pax europa« nur geben kann, wenn dieses
Europa auch ueber genuegend Panzer et cetera selber verfuegt und nicht von
den Freunden der »pax america« ausborgen muss. Das Problem dabei ist nur,
dass eben die hiesige Bevoelkerung bei Schuessels Grossmachtphantasien nicht
so richtig mitspielen will.
»Fuer mich ist das der springende Punkt in der oesterreichischen
Sicherheitsdebatte. Im Gegensatz zu anderen europaeischen Laendern spielt bei
uns das Argument einer moeglichen Bedrohung keine signifikante Rolle.
Niemand in Oesterreich fuehlt sich von aussen bedroht - und niemand haette
auch einen Grund dazu.« (Wolfgang Schuessel , Rede vor dem Generalstab der
NATO, Mons, 24. April 1997)
Das ist aber nun Scheisse: Einerseits gaeb¹s die grosse Aufgabe, die gesamte
Welt mit Stabilitaet zu begluecken, und andererseits fuehlt sich in Oesterreich
niemand bedroht, weil¹s auch nicht bedroht wird.
Und wie will man dann die Leute dazu bringen, fuer einen Militaerpakt und
Aufruestung zu sein? Die Freude an der imperialistischen Glorie allein wird da
nicht ausreichen. Und ob Kriegspropaganda Waehlerstimmen bringt, mag auch
mehr als bezweifelt werden. Also werden ein paar neue Aufgaben gesucht, die
den Leuten eingaengiger sind als militaerische Fragen:
»Eine Instabilitaet, die nicht einmal militaerischer Natur sein muss; es kann
sich auch um unkontrollierte Massenmigration, wirtschaftliche
Destabilisierung oder oekologische Katastrophen handeln.« (Wolfgang
Schuessel, Rede vor dem Generalstab der NATO, Mons, 24. April 1997)
Ja, davor fuerchten sich Herr und Frau Oesterreicher: Auslaender, die
unkontrolliert in unser schoenes Land kommen, weil sie keine Lust zum
Verhungern haben, Atomkraftwerke, die in die Luft gehen et cetera.
Damit kann man ihnen das Aufruestungsprojekt verkaufen? Nur: zur Hatz von
Immigranten reicht offensichtlich das oesterreichische Bundesheer ja aus; und
oekologische Katastrophen sind doch etwas weit hergeholt.
Ein bisschen Paranoia und das Herumreiten auf althergebrachte Vorurteile
kann da auch nicht Schaden:
»Ich glaube, in einer Reihe von osteuropaeischen Staaten gibt es eine vor-
revolutionaere Situation, z. B. hat gerade letzte Woche der Praesident der
Ukraine gesagt, ... sei das Szenario einer Revolution nicht auszuschliessen ...«
und natuerlich »... denkt man allein an die vorhandenen Traegerraketen, die
im mittleren Osten oder im nordafrikanischen Raum stationiert sind, die auch
unser Land treffen koennten.« (Botschafter Ludwig Steiner, bei einer
Pressekonferenz mit Othmar Karas, 9. Juni 1997)
Und waehrenddessen die OeVP ihre Kriegsoptionen in allgemeinen
weltpolitischen Aufgaben sieht - wie gerne wuerde man nicht an
»internationalen Friedensicherungsaufgaben« teilnehmen, die Neuaufteilung
der wirtschaftlichen Interessensphaeren mitbestimmen; und wenn man von der
Naehe gewisser Waffenhaendler zur Parteispitze weiss, kann man sich auch
Vorstellen, wie sie sich Aufruestung wuenschen; die Geschaefte, die da winken
..., verfolgt die FPOe viel direktere Ziele der Aussenpolitik:
»... die wirtschaftlichen und kulturellen Interessen Oesterreichs und sein
Ansehen zu wahren« (Freiheitliches Programm ¹97, Artikel VII)
Und auch an moegliche Konflikte mit den Nachbarlaendern hat man bereits
gedacht:
»Oesterreich bleibt Schutzmacht der Suedtiroler und Ladiner. Dem Land
Suedtirol ist die Moeglichkeit des Beitritts zur Republik Oesterreich in freier
Ausuebung des Selbstbestimmungsrechtes der Suedtiroler offenzuhalten.
Gegenueber den zahlreichen Angehoerigen der deutschen Volksgruppe auf
dem Gebiet der ehemaligen oesterreichisch-ungarischen Monarchie besteht
fuer Oesterreich ebenfalls eine besondere historische Verantwortung und
Schutzverpflichtung.« (Freiheitliches Programm ¹97, Artikel VII)
Wie eine geforderte Vollmitgliedschaft Oesterreichs bei NATO und WEU bei
diesen vorprogrammierten Konflikt mit Italien helfen soll, bleibt Geheimnis
von Haider und seinen Mannen. Immerhin biete dieser Revanchismus
genuegend Potential zur Heraufbeschwoerung internationaler Konflikte.
Darum wohl
»soll das oesterreichische Bundesheer in eine schlagkraeftige und
professionelle Armee ... umgewandelt werden.« (Freiheitliches Programm ¹97,
Artikel VII)
Aber es muss nicht immer gleich Krieg sein: Auch, »wenn nix los ist«, braucht
es eine »neue Sicherheitspolitik«.
Die »Lulu«-Fraktion
Diejenigen, die mit NATO und militaerischer Glorie nichts am Hut haben,
befinden sich in der Defensive. Da soll es eine »gemeinsame europaeische
Sicherheitspolitik« werden, die etwas weniger martialisch vorgeht. Vor allem
die SPOe vertritt diese Option. Natuerlich ist auch die SPOe nicht mehr gegen
einen NATO-Beitritt; oder sagt das zumindest nicht. Sozialdemokraten
verfolgen im Allgemeinen eine Hin-und-her Politik. Die einen sind dafuer, die
anderen dagegen und schlussendlich gewinnt die Staatsraeson. Aber man hat¹s
halt versucht und der Kluegere gibt nach:
»Bei aller Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der NATO, bei aller
Bereitschaft zur aktiven Teilnahme an der Partnerschaft fuer Frieden - ein
europaeisches Sicherheitssystem der Zukunft muss mehr sein als der blosse
Beitritt aller europaeischen Staaten zu einem Militaerpakt. Anzustreben ist ein
vertraglich vereinbartes System gesamteuropaeischer Sicherheit, das anstelle
kriegerischer Auseinandersetzung internationales Recht, internationale
Ordnung und praeventive Konfliktvermeidung setzt.« (Peter Schieder, Kriege
verhindern, Wiener Journal speziell, Friedenssicherung, November 1997)
Dem Schoengeist zur Seite gestellt wird der Realist. Der sieht, dass all der
Rhetorik und Neutralitaet zum Trotze, Oesterreich sowieso in die militaerische
Logik der USA und NATO integriert ist - und dass auch jeder »gute
Sozialdemokrat« im Zweifelsfall weiss, was zu tun ist.
»Die Ausgangsbedingung - Konkurrenz zweier Militaerbloecke - als
Entstehungsgrund der oesterreichischen Neutralitaet existiert nicht mehr. Und
sie hat auch einen gravierenden Bedeutungswandel erfahren durch die
€ Genehmigung fuer Ueberfluege im Golfkrieg,
€ Befuerwortung von Wirtschaftssanktionen,
€ Teilnahme an militaerischen Uebungen im Ausland, Zusage, auch an
ðPetersburger AktionenÐ mitzuwirken, die auch Kampfeinsaetze bei
Krisenbewaeltigung einschliessen, um Frieden herbeizufuehren,
€ Regierungsuebereinkunft, die sogar eine Vollmitgliedschaft in der WEU -
trotz Beistandsverpflichtung - als sicherheitspolitische Option ueberpruefen
will.
Es ist daher kein Tabubruch mehr, die Frage aufzuwerfen, ob Oesterreich
ueberhaupt noch die Neutralitaet und deren verfassungsrechtliche Regelung
bzw. Festlegung benoetigt.« (Josef Cap, Keine Sonderrolle, Wiener Journal
speziell, Friedens-sicherung, November 1997)
Also, auf in die NATO, auch, wenn sie so, wie sie heute ist, nicht ganz dem
Geschmack entspricht. Man kann ja ein paar Forderungen stellen, das macht
sich immer gut. Nutzen wird es nichts. Die NATO, und die USA schon gar
nicht, werden sich von beitrittswilligen Sozialdemokraten Reformen
vorschreiben lassen?
Jetzt, vor allem in Hinsicht auf die naechsten Nationalrats-Wahlen, sind die
NATO-Befuerworter in der SPOe kaltgestellt. Klima hat sich eindeutig fuer
die Beibehaltung der Neutralitaet ausgesprochen - voruebergehend. Dies wird
auch international mit etwas Befremden festgestellt.
»General Wesley Clark habe bei seinem juengsten Besuch in Oesterreich mit
Nachdruck darauf verwiesen, dass die Naehe des Landes zum Balkan und
anderen neuralgischen Punkten des Kontinents ðeinen NATO-Beitritt sowohl
fuer die Oesterreicher als auch fuer die Allianz als attraktive OptionÐ
erscheinen lassen muesste. Laut Clark und anderen Militaerexperten wuerde
Oesterreich eine ðgeeignete Landbruecke zu den NATO-Friedenstruppen in
Bosnien und anderen Unruheherden in SuedosteuropaÐ darstellen.«
(International Herald Tribune and Washington Post, 16. Maerz)
Aber General Clark kann beruhigt sein: Nichts wird so heiss gegessen, wie¹s
gekocht wird. In unmittelbarer Nachbarschaft kennt man »uns« besser:
»Nicht ueberraschend war die Verweigerung der Sozialdemokraten
gegenueber der NATO. Am interessantesten ist aber, was im Positionenpapier
ueberhaupt nicht enthalten ist: Ein NATO-Beitritt wurde - soweit bekannt -
nicht definitiv ausgeschlossen.« (Dolomiten, Bozen, 18. Maerz)
Die Herumtaktiererei der Sozialdemokraten hat einen Vorteil: Es wird ein
bisschen Zeit gewonnen, die von den wirklichen Gegnern der NATO genutzt
werden kann.
Nieder mit dem Krieg - nieder mit der NATO
Fuer uns Anarchisten ist das Ganze sowieso keine Frage: Wir haben mit
Militaerbuendnissen nichts am Hut. Die NATO ist und bleibt der militaerische
Arm des Imperialismus und das einzige, was es diesbezueglich zu tun gibt, ist
die Zerschlagung der NATO.
Die NATO ist nicht nur ein Uebel in der gesamten Welt, das sich
herausnimmt, nach Belieben - vor allem der USA - international taetig zu
werden, sondern auch eine Aufforderung fuer die heimische Bourgeoisie, an
all den Schweinereien teilzuhaben, die ihnen bis her - wenn auch sehr bedingt
nur - »vorenthalten« wurden. Und wie sich diese Bagage auffuehrt, wenn sie
kann wie sie will, hat man ja schon erlebt. Man denke nur wie sich die
oesterreichischen Buerger im jugoslawischen Buergerkrieg engagierten. Es ist
nicht anzunehmen, dass in einer aehnlichen Situation, in der die hiesigen
Herrschenden sich einen Vorteil erhofften, wesentlich »freundlicher«
gebaerden wuerden. In Krisensituationen war es bisher immer so, dass sich
Oesterreich nicht neutral verhalten hat, sondern ganz eindeutig auf eine - die
westliche - Seite der Kriegsparteien geschlagen hat.
Wenn dieses Kretin von Land nun Teil eines grossen militaerischen Blockes
ist, kann man sich ausmalen, wie eifrig sich »uns¹re« Verantwortlichen
anschleimen werden, um nicht auch Anteil zu haben am grossen Hallalli.
Andererseits gibt es hier noch eine ganze Menge an Leuten, die sich nicht in
den naechst besten Krieg hetzen lassen wollen. Solange dies so ist und
wesentliche Teile der poli-tischen Kaste noch herumlaviert, gibt es eine reelle
Chance, einen NATO-Beitritt zu verhindern. Auch wenn sich die
Befuerworter alle Muehe geben - OeVP, FPOe, aber auch das LIF - so schnell
und unkompliziert wie moeglich rein zu kommen, koennen wir diese Suppe
noch ordentlich versalzen.
Neutralitaet ist hier aber wahrlich nur die »Politik des kleineren Uebels«.
Denn auch fuer Oesterreich haben wir keine besonderen Avancen, die uns in
patriotische Schwelgereien fallen lassen. Dieses Land ist an sich schon ein
Missstand.
Keine weiteren Machtmittel fuer Oesterreich - gegen jeden Staat, gegen jede
Herrschaft.
Unversoehnlicher Klassenhass!
»Nein zum NATO-Beitritt!«
Diskussion und Debatte
Mittwoch, 3. Juni 1998 € 19.00 Uhr
Anarchistische Buchhandlung;
Hahngasse 15, 1090 Wien
Im Orsch
Nepp (I)
Dass - wer den Schaden hat, sich um den Spott nicht mehr zu sorgen braucht,
ist ein altes, aber um so wahreres Sprichwort. Jedenfalls fuehlen sich die
braven Jahreskartenbesitzer vom RBH leicht veraeppelt, wenn sie bemerken
muessen, dass ihr gutes Jahreskartengeld von den Wiener Stadtwerken (die sich
neuerdings modisch verhuebscht »Wiener Linien« zu nennen belieben) fuer ein
buntes Kundenmagazin namens »24 Stunden fuer Wien« vergeudet wird, wo
dann eine Hetze gegen Volksschaedlinge der besonderen Art betrieben wird.
Ein Finsterling namens »Schwarzfahrer« sei schuld daran, wenn den
Verkehrsbetrieben jaehrlich Millionen entgingen und dass die Fahrscheine so
teuer sind. Schliesslich fuehre, wer keinen Fahrschein hat, »auf unser aller
Kosten«. Alles Luege: Es ist die Aufgabe einer Stadtverwaltung, fuer einen
funktionierenden oeffentlichen Verkehr zu sorgen (zumindestens, wenn sie
nicht in Autos ersticken will). Und es ist ihre Aufgabe, das zu erschwinglichen
Preisen zu tun. Und nicht zu Wahnwitztarifen, die fuer viele Leute nicht mehr
leistbar sind. Was uebrigens »Hundert Ausreden, die nichts nuetzen« angeht,
wissen wir eine, die garantiert funktioniert, sobald es nicht mehr am
politischen Willen fehlt: »Mein Bruder im vorderen Waggon hat mir gesagt,
dass seit heute der Nulltarif gilt.«
***
Nepp (II)
»Gasbereitstellung kann nicht gratis sein« titelt das verdienstvolle Magazin »24
Stunden fuer Wien«, diesmal im Auftrag der »Wiengas«. Nicht-Gas-
Bereitstellung uebrigens auch. Denn, »wer allerdings die Infrastruktur von
Wiengas nuetzt, ohne« genug »Gas zu verbrauchen, zahlt ab nun - zuzueglich
zur Zaehlergebuehr - zumindestens 1 Schilling 32 Groschen pro Tag«.
***
Kriegsgrund (I)?
“Italien fordert die Lippizaner³ (Schlagzeile der verdienstvollen Kronen-
Zeitung vom 27. 4. 1998)
***
Kriegsgrund (II)?
Andere ueber »uns«. Als Innenminister Schloegl von Ungarn die Einfuehrung
einer Visapflicht fuer Rumaenen fordert, schreibt Gáspár Miklós Tamás in
»Magyar Hirlap«: »[Š] Das alte Oesterreich - das Oesterreich von
Grillparzer, Haydn, Nestroy - hat man bei uns bereits vergessen, das von heute
hingegen kennt man nur als Freilichtmuseum fuer Barock und Biedermeier
sowie als nahes Einkaufszentrum (was nicht ungerecht ist, denn das heutige
Oesterreich ist - vom museal konservierten, guenstig vermarktbaren
Vergangeheits-Business abgesehen - kulturell unbedeutender als die
ostungarische Provinz-Metropole Miskolc).
Politisch ist die sogenannte Zweite Republik ein Witz. Oesterreich nutzte
seinen neutralen und ðnicht paktgebundenenÐ Status, um auf der Welttribuene
den Pas de deux des Friedensengels vorzutaenzeln, als gutbezahlter Makler der
ehemaligen Sowjetunion ebenso wie als - gleichfalls huebsch honorierter -
Fuersprecher der prosowjetischen arabischen Diktaturen.
Als der naive Westen (als Belohnung) die Wahl des hervorragenden Kurt
Waldheim zum UNO-Generalsekretaer unterstuetzte und spaeter die
schneidigen Kriegsabenteuer, die der wackere Mann als Abwehroffizier der
Wehrmacht erlebte, aufflogen, waehlten unsere Nachbarn den Kurt zum
Bundespraesidenten. Die jeweiligen oesterreichischen Regierungen waren
Feinde der polnischen Solidarnosc-Bewegung und der in den osteuropaeischen
Laendern sich formierenden Menschenrechts- und Pro-Demokratie-Gruppen,
gleichzeitig aber Spielkameraden der wohlbeleumundeten DDR und der vom
Karpaten-Genius Ceausescu gefuehrten Sozialistischen Republik Rumaenien.
Oesterreich war ein engagierter Sponsor des Fieberwahns mit den Namen
Gabcikovo-Nagymaros.
Dieses Oesterreich vertrieb seine besten Schriftsteller (Thomas Bernhard,
Peter Handke), schob seine wenigen aufrichtigen Politiker aufs Abstellgleis
(Erhard Busek, Caspar Einem [??? - RBH]) und draengt seine wenigen
Schriftsteller, die sich noch (wie Elfriede Jelinek) um ihre angebliche Heimat
kuemmern, in Extremismen. [Š]
Und dabei erwaehnten wir noch gar nicht den grossartigen Joerg Haider, aus
dessen braeunlichen Segeln derartige Schloegl-Ansagen den xenophoben Wind
nehmen wollen. Doch die aufrichtigen Kraefte unter den Sozialdemokraten,
Liberalen und Konservativen muessten eher darauf hinarbeiten, dass der aus
der Vermengung von sozialistischen und klerikal-faschistischen Elementen
entstandene Zwangs-Korporatismus und die mit ihm einhergehende
ðParteibuchwirtschaftÐ endlich liquidiert werden - dies macht Oesterreich zu
einem korrupteren Land als Tuerkmenistan, Suedjemen oder Montenegro.
Statt dessen wollen sie aber den feschen Joerg in Fremdenhass und
Einwanderer-Hysterie ueberbieten, der dann im Vergleich zu den ðoffiziellenÐ
Grossparteien gar nicht mehr so schrecklich aussieht, wie er ist.
Das oesterreichische Nationaleinkommen und das Konsumniveau finden auch
meinen Gefallen (obwohl es in dem von Tiroler und Vorarlberger Philistern
okkupierten Wien kein einziges normales Buchgeschaeft gibt). Doch alles
andere moegen sich die Nachbarn ruhig behalten.
Oesterreich ist nicht der Westen: Die urbajuwarischen Gimpel verdienen
denselben Respekt wie die urungarischen Blut-und-Boden-Schwadroneure. Die
oesterreichischen Politiker sind Staatsmaenner: wie Lukaschenko, Akajew,
Nazarbajew - auch die sind gewaehlt. Doch so wie letztere nicht die ungarische
Aussenpolitik diktieren, so moege sie auch Genosse Schloegl nicht diktieren.
Dieses Europa brauchen wir nicht. [Š]
Dass uns im Namen der EU ein provinzieller Dutzendpolitiker zur Verletzung
der Menschenrechte und geltender internationaler Verpflichtungen auffordert,
ist ein Skandal.
Hermann Broch schrieb einmal im Zusammenhang mit Karl Kraus, dass die
absolute Satire mit zwingendster Kraft dort in ihrer vollen Bluete erscheinen
musste, wo das europaeische Wertevakuum sein Maximum erreichte, in
Oesterreich also. Dieses Vakuum hoert offenbar nicht auf zu bestehen. [Š]«
Wie wahr.
***
Lichte Gedichte (I)
Mit »Win zorbing and have fun« wirbt eine bekannte Bank gerade. »Zorbing -
der neue, ultimative Trendsport. Rollen in einer durchsichtigen Kugel.« Das
hat die RBH-Abteilung fuer ultimativen Reimzwang ein wenig inspiriert: Roll,
roll, roll - die Kugel find¹ ich toll - ich kann sogar durchsehen - und brauche
nicht zu gehen - roll, roll, roll - ein Trottel bin ich voll.
***
Und sonst, Leute vom Revolutionsbraeuhof? - Lichte Gedichte (II)
Eine Veranstaltung zum Thema »Anarchistische Utopien heute« gibt¹s am
Samstag, 13. Juni 1998 um 17.00 Uhr in Wels, im Alten Schlachthof,
Dragonerstrasse 22. Neu in der Edition Revolutionsbraeuhof erschienen - und
ganz gut zu dieser Ausgabe von »Kultur zwischendurch« passend - ist das
Baendchen »Nieder mit der NATO«; 32 Seiten, S 20,‹, ISBN 3-901755-12-8.
Ramschtage in der Anarchistische Buchhandlung: Viele aeltere Ausgaben von
linken und Anarchistischen Zeitschriften jetzt um fuenf Schilling. So lange der
Vorrat reicht. Unter der Internet-Adresse http://www.inode.at/rbh sind
weiterhin viele Ausgaben von »Kultur zwischendurch« und der »Schwarzen
Distel« online abrufbar. Und wer nicht auf die gedruckte Ausgabe warten will,
kann ein E-Mail-Abo ordern: rbh@inode.at Gratis, denn: Es beginnen alle
Qualen mit Verkaufen und Bezahlen, und wir sind in diesem Streit fuer die
Kostenlosigkeit. l
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